Als Kind der 60er habe ich den Aufbruch in den Massenmarkt Musik nur ganz am Rande mitbekommen. Erst in den 70ern hat's mich dann erwischt, Ketten von z.T. bitter ersparten Effektkästchen lagen zwischen mir und meinem Verstärker, nach einer abscheulichen Klira durfte ich eine echte Fender mein eigen nennen, nachdem ich meine Eltern mit grausigen Versuchen über ein Tonbandgerät und ein Röhrenradio genervt hatte, ging das Kabel (natürlich über Umwege:-) endlich in einen AC30 und etwas später sogar in einen Marshall, ja, ich hatte sogar eine tolle Band mit Aufftritten und Übungskeller. Häufig war ich zwar mehr mit der Beseitigung von Brummschleifen und dem Löten wackeliger Stecker beschäftigt, als Musik zu machen, aber ansonsten war eigentlich alles in Ordnung. Doch plötzlich stellte ich fest, dass es ausser meiner geliebten Strat auch noch andere Gitarren gab, die Vorteile, aber auch Nachteile ihr gegenüber hatten Da nahm dann das Verhängnis seinen Lauf: ich begann, Gitarren zu kaufen und zu verkaufen, um andere zu kaufen und was das schlimmste war: zu sammeln. Ich entdeckte immer mehr seltsame Instrumente, von denen mich zu trennen es mir immer schwerer fiel. Ich stellte schnell fest, dass es so viele unterschiedliche Verkäufer wie Gitarren gab, viele interessante Menschen darunter, Geschichten zu jedem Instrument, die ich mir gerne anhörte und quasi mit kaufte. Diese Historien hatten tatsächlich Einfluss auf die Eigenschaften des Instruments und sein Verhalten, ja seine Ausstrahlung. Ich traf Dachbodenklampfen und verstaubte AufdemSchrankLieger, vergessene und jungfräuliche "Ich wollte mal Gitarre lernen"-Modelle und sorgsam verpackte "ich habe jetzt Familie"-Instrumente, aber auch gepflegte Profimusikerschätzchen und "ich habe jetzte eine bessere"-Gitarren. Nicht zuletzt reizten mich die "steht hier schon seit Jahren im Laden"-Raritäten, da mein Wertesystem durchaus schon nach kurzer Zeit nicht mehr völlig im Einklang mit dem zunehmend von asiatischen Produkten überschwemmten und mit teuren US-Modellen bestückten Markt und dem allgemeinen Geschmack war. Mir kamen erstaunliche Spannbreiten von Preisen für gleiche Instrumente unter, ich begann nach "Schnäppchen" zu fiebern, machte mich auf die Suche nach bestimmten Modellen, mit denen ich vage Erwartungen verband, die irgendwie ungewöhnlich und anders waren, aussahen oder sich anhörten. Da ich gerne mehr über die Hersteller und Modelle erfahren wollte, machte ich mich auf die Suche nach Literatur zu über E-Gitarren. Das sah in den 70ern und 80ern noch ziemlich karg aus auf dem deutschsprachigen Markt, es gab da ein oder zwei Bücher, in denen zu lesen war, wie man seine alte Gitarre zu neuwertiger Leistung bringen konnte, mit Hilfe von Säge und Lötkolben, nachdem ich aber einige solcherart aufgewerteter Modelle in der Hand gehabt hatte, entschied ich mich zu einem Weg des Produktpurismus, den ich auch heute noch vertreten kann: der Hersteller eines Instrumentes hat sich immer Gedanken über sein Produkt gemacht, eine Idee entwickelt und umgesetzt, wenn das Ergebnis nicht meinen Erfordernissen entspricht, ist das nicht sein Fehler, und ich muss ihn auch nicht beheben, sondern nach einem geeigneten Instrument suchen. Ich denke, Gitarren sind in der Regel eben nicht nur einfach Werkzeuge, sondern auch die Manifestation einer Idee, die mir einen gewissen Respekt angemessen erscheinen lässt (ich werde nie den schmerzlichen Anblick einer mit Hyperlabbertremolo und Saitenfeststeller per Schrauben durch den Hals modernisierten 69er Strat vergessen....) So haben denn alle Modelle in meinem Besitz selbst die "MessingsattelÄra" überlebt.... Modellübersichten waren praktisch nur in Form von Katalogen zu bekommen und zu der Zeit auch vorrangig von amerikanischen und einigen japanischen Herstellern. So war jedes aufgetriebene europäische Modell eine Überraschung mit ausschliesslich persönlicher Geschichte und Bewertung. Das änderte sich erst '87 mit dem legendären Buch "Elektro-Gitarren Made in Germany" von Norbert Schnepel & Helmuth Lemme. Plötzlich wurde systematisches Sammeln möglich, ich konnte datieren und bewerten, vergleichen und rekonstruieren. Leider brachte diese Buch auch eine leichte Veränderung einiger Preisvorstellungen mit sich, die Appel&Ei-Schnäppchen nahmen deutlich ab, viele Verkäufer meinten mit einem Mal eine wertvolle alte Kostbarkeit anzubieten, egal ob Kaufhausmodell oder Profiinstrument, die goldenen Zeiten der völligen Ahnungslosigkeit waren vorbei. Etwas einfacher war es, fachkundige Menschen zu finden, z. T. bei den Herstellerfirmen, so sie noch existierten, etwa bei Höfner, die in den 80ern tatsächlich noch über umfangreiche Ersatzteilsammlungen verfügten, andere "Verrückte", Sammler und Musiker mit Interesse am Detail, ich verbrachte Stunden in Gitarrenläden und Werkstätten, in welcher Stadt auch immer ich war, testete, begutachtete, nervte Verkäufer und Instrumentenbauer mit Fragen und erfuhr immer mehr von der ungeheuren Komplexität des Themas Gitarre. Nebenbei entwickelte ich den Ehrgeiz, jede wieder veräusserte Gitarre solle in einem besseren Zustand gehen als sie zu mir kam, oder auch einfach komplettiert bei mir bleiben. Da ich bemüht um die Erhaltung der Originalität und der Funktionalität war, hiess häufig: geeignete Polituren und Reinigungsmittel finden, Schräubchen suchen, Knöpfe auftreiben, Tremolohebel und Saitenführungen ausgraben, in Eisenwarenläden, Grabbelflohmarktkisten und verborgenen Schuhkartons alter Werkstätten schnüffeln, nach Adressen alter Hersteller suchen und vielleicht noch einen wissenden Mitarbeiter von "damals" auftreiben......Und dabei häufig neue Instrumente zu entdecken... Inzwischen hat sich mein Fieber etwas gelegt, und ich bin ganz froh darüber, aber ich weiss ein schräges Schätzchen immer noch zu ehren, auch wenn ich es vielleicht nicht mehr unbedingt besitzen muss.... |
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